Klassisch hierarchiegeführte Unternehmen

Ist es möglich, das klassische Konzept von hierarchiegeführten Unternehmen zu ersetzen? Gibt es eine bessere Alternative als alle Hierarchiestrukturen “platt zu walzen”?

Der Bestseller-Autor John P. Kotter beschäftigt sich in seinem Buch Accelerate genau mit diesem Thema.

Das System von managementgesteuerten Hierarchien, welches wir heutzutage als selbstverständlich wahrnehmen, war laut Kotter, „eine der genialsten Innovationen des 20. Jahrhundert.“ (S.4).

Klare Verantwortungsbereiche und Spezialistentum haben es ermöglicht, dass internationale Großunternehmen überhaupt so stark wachsen konnten. Besonders der Aspekt, dass einzelne Bereiche und Prozesse optimiert werden können, wird von Kotter hervorgehoben. Doch wo Licht ist, da gibt es auch Schatten.

Schwachstellen

Laut Kotter sind die altbekannten Schwachstellen der klassischen Hierarchien einerseits, dass die Schlüsselinitiativen immer dem selben kleinen Kreis vertrauter Personen überlassen werden. Andererseits beschreibt er die lähmende Wirkung von Informationssilos. Kommunikation zwischen verschiedenen Business-Units ist oft nicht schnell genug; ebenso die Kommunikation zwischen Top-Management und der Basis.

Aber trotzdem wird es laut Kotter niemals möglich sein, Hierarchien komplett zu eliminieren!

Dennoch, mit dem Ziel schneller und agiler am Markt zu sein, versuchen viele große Unternehmen, Hierarchien auf ein Minimum zu reduzieren. Doch das Entwickeln eines Unternehmens, das wie ein Startup operiert und gleichzeitig die Ressourcen eines börsennotierten Unternehmens besitzt, ist ein fast unmöglicher Spagat. Kotter schlägt eine andere Lösung vor.

 

Duales Betriebssystem

Sein Vorschlag: Klassische Hierarchie-Systeme mit all ihren Vorteilen sollen bestehen bleiben, aber eine zweite Netzwerkstruktur geschaffen werden. „Die Prozesse innerhalb der neuen Netzwerkstruktur erinnern weniger an systematisches Management (das Verlässlichkeit und Effizienz schafft), sondern mehr an mobilisierende Führung (die für Geschwindigkeit und Flexibilität sorgt, S.10). Das in dem Blog beigefügte Flip ist während einer Neustrukturierung in einer Organisation entstanden. Es soll die zwei verschiedenen Betriebssysteme verdeutlichen. Die “klassische Organisation” (links) ist wie eine Pyramide strukturiert, “das Beschleunigungsnetzwerk” (rechts) eher wie ein Planetensystem. Laut Kotter sind im Beschleunigungsnetzwerk wichtige Themen, wie bei einem Sonnensystem, zentral angeordnet und werden von denjenigen, die mitgestalten wollen, umkreist (S.9).

Im zweiten Betriebssystem kann jeder Mitarbeiter Teil der Führungskoalition werden und Verantwortung für neue Themenbereiche übernehmen. Die Motivation ist dabei wichtiger als die berufliche Qualifikation.

Die 5 Prinzipien eines dualen Betriebssystems lauten (S.19-20):

  1. Wichtige Veränderungen werden von vielen Mitarbeitern aus allen Bereichen vorangetrieben und nicht nur von den üblichen Auserwählten
  2. Es herrscht eine Haltung des Wollens und nicht des Müssens
  3. Der Antrieb kommt aus dem Herzen und dem Kopf, nicht nur aus dem Kopf
  4. Es findet viel mehr Führung statt und nicht nur mehr Management
  5. Es gibt eine untrennbare Partnerschaft von Hierarchie und Netzwerk, nicht nur eine optimierte Hierarchie

 

Das Ziel ist, dass Innovationen und Veränderungen im rechten Betriebssystem entwickelt und getestet werden. Ausgereifte Veränderungen sollen dann im klassischen (linken) Betriebssystem institutionalisiert und optimiert werden.

Das rechte Betriebssystem lebt von seiner Agilität und Schnelligkeit, daher empfiehlt Kotter 8 Phasen, die dabei immer wieder durchlaufen werden müssen:

8 Beschleuniger

  1. Dringlichkeit bezogen auf eine große Chance
  2. Führungskoalition aus Freiwilligen
  3. Veränderungsvision und strategische Initiativen
  4. Immer mehr freiwillige Helfer
  5. Abbau von Barrieren
  6. Feiern von Erfolgen
  7. Unermüdlicher Antrieb
  8. Institutionalisierung des Wandels

 

Kotter fragt (S. 130):  „Was ist die größte Herausforderung bei der Schaffung eines dualen Systems?“ und antwortet „Den ersten Schitt zu tun und dabei alles richtig zu machen…“

Als systemisches Beratungsunternehmen begleiten wir u.a. Unternehmen bei der Umsetzung dieser Prinzipien,  um Veränderung ins Gelingen zu bringen.

 

Frage an den Leser: “Was sind andere Konzepte und Ideen zum Thema Unternehmensstruktur, die dich interessieren?”

 

 

 

Quelle: Kotter, John P. Accelerate: Strategische Herausforderungen Schnell, Agil und Kreativ Begegnen. Vahlen GmbH, 2015.

 

Verfasst von Maximilian Bergauer & Petra Nöding

Blog #3 – Was kommt nach klassisch hierarchiegeführten Unternehmen?