In den späten 1960ern entwickelte Stephen Karpman das mittlerweile sehr berühmte und oft benutzte Konzept des „Drama-Dreiecks“. Das Konzept wird auch in unserem 2-tägigen Transaktionsanalyse Seminar vermittelt. Demnach gibt es drei Hauptrollen, die Menschen in Konfliktsituationen bewusst oder unbewusst einnehmen. Die des Verfolgers, Retters und Opfers.

Die Drei Rollen des Drama-Dreiecks

Der Verfolger wertet andere ab und kritisiert stark. Er (oder sie) stellt sich auf ein höheres Podest, schaut auf andere herunter und lässt diese spüren das sie nicht ok sind.

Der Retter bietet aus einer überlegenen Position Hilfe an, oft auch ungefragt. Er macht andere gerne von sich abhängig und suggeriert, bewusst oder unbewusst, dass der oder die andere sich nicht selbst helfen könne.

Das Opfer wertet sich selbst ab und ruft nach Hilfe. Oft will er sich gar nicht selbst helfen, sondern sich nur in seiner Machtlosigkeit bestätigt fühlen.

Es gibt Menschen, die bleiben stets in einer der drei Rollen. Es kommt aber auch oft vor, dass ein fließender Wechsel zwischen allen drei Rollen vor sich geht. Das sind dann genau die Überraschungsmomente, die uns Kopfzerbrechen bereiten können.

 

Beispiel von Alltagsdrama im Büro

Es ist schon spät im Büro, als ich meine Kollegin Olga zusammengekauert an einem hohen Stapel Akten sitzen sehe. Als ich sie frage wie es ihr geht, schaut sie mich nur verzweifelt an und sagt „Das schaffe ich nicht, ich soll den Abschlussbericht bis übermorgen fertig stellen und ich komme einfach nicht voran.“ Da Olga bekannt dafür ist, nicht nein sagen zu können, probiere ich es zuerst mit einem gut gemeinten Ratschlag: „Du solltest in Zukunft auch mal lernen Nein zu sagen.“ Olga: „Ja, aber das kann ich einfach nicht und jetzt sitze ich hier bis morgen früh.“

Ihre Verzweiflung triggert plötzlich ein starkes Retter Gefühl in mir: „Soll ich dir helfen? Ich kann ruhig 1 Stunde länger bleiben?“ Das Angebot nimmt sie gerne an und wir vereinbaren, dass ich ihr helfe die Akten zu sortieren. Nach fast 1 Stunde Akten durchwühlen möchte ich Ihr meine Resultate zeigen, doch nach einem kurzen Durchlesen der Akten wird sie rot im Gesicht und sagt mit wütender Stimme: „Jetzt hast du die Akten nach Datum sortiert und nicht alphabetisch, wenn du mir schon hilfst dann kannst du das auch richtig machen.“ Total überrumpelt fühle ich mich jetzt schlecht, bringe den Fehler in Ordnung und verlasse das Büro mit einem etwas betretenen Gefühl…eigentlich wollte ich Ihr doch nur helfen….

 

Analyse des Dramas

Olga war am Anfang in der Opferrolle, ihr Köder an mich war ihre Hilflosigkeit. Das hat meinen Retter aktiviert und ich habe ihr geholfen. Der Moment der Überraschung war als Olga plötzlich ihre Rolle vom Opfer zum Verfolger wechselte, um mich zu kritisieren. Das wiederum hat mich in die Opfer-Position gedrängt.

Wenn du selbst im Büro ab und zu ähnliche Streitigkeiten hast, dann kann ich dir nur empfehlen, das Drama-Dreieck aufzuzeichnen und zu überlegen, wer wann in welcher Rolle war. Die Bewusstmachung der Situation hilft dir aus dem Drama-Dreieck auszusteigen und in einen konstruktiven Dialog einzusteigen. Dazu habe ich noch ein paar Empfehlungen, die ich dir für ähnliche Situationen mitgeben möchte.

 

Empfehlungen, um mit Drama konstruktiv umzugehen

1. Ich kann meinem Gegenüber in einer ruhigen Minute, bevor das „Drama“ sich anbahnt, das Konzept vorstellen.

Wenn es dann losgeht, kann ich ganz bewusst fragen, ob die Person Drama-Dreieck spielen möchte und welche Rolle er oder sie von mir erwartet. Im Folgeschritt kann ich fragen, ob es sich wirklich lohnt, Drama-Dreieck zu spielen oder ob wir lieber konstruktiv, aus einer gegenseitig wertschätzenden Haltung, über das Kernthema reden wollen.

 

2. Man muss Menschen, die ständig die Opferrolle einnehmen, nicht jedes Mal retten!

Hilfe zur Selbsthilfe ist eher angebracht. Anstatt gleich die Akten für sie zu ordnen, hätte ich Olga fragen können: „Ich beobachte, dass du meistens viel länger als deine Kollegen im Büro bist. Findest du das ok?“ Es wichtig dann aber auch keine ungefragten Ratschläge zu geben, sondern eher, falls Olga das will, sie dabei zu unterstützen, ihre eigene Lösungsidee zu entwickeln.

 

3. Wenn ich andere Menschen ständig rette, dann spreche ich Ihnen die Fähigkeit ab, sich selbst zu helfen.

Natürlich ist es gut, wenn man anderen hilft, es gibt aber Grenzen. Ich sollte es jedem Menschen zutrauen, dass er oder sie sich selbst helfen, und die Situation von alleine verbessern kann.

 

4. Du kannst das Verhalten der Retter-Person feedbacken und bewusst machen!

Ich empfehle diese Strategie nicht sofort mit dem eigenen Chef zu üben. Aber es ist völlig ok, wenn du in einer Ich-Botschaft deinem vermeintlichen Retter mitteilst, was sein Verhalten bei dir auslöst. Das geht in drei Schritten: 1. „Ich nehme wahr, dass du mir oft Ratschläge gibst, nach denen ich gar nicht gefragt habe.“ 2. „Ich merke, dass dieses Verhalten mich ärgert und verunsichert.“ 3. „Ich bitte dich, mich in Zukunft erst zu fragen, bevor du mir Ratschläge erteilst.“ Durch klares und angemessenes Feedback zeigst du Wertschätzung und machst ein konstruktives Angebot für eine gute Zusammenarbeit. Das gleiche gilt auch für die anderen beiden Rollen im Drama-Dreieck.

 

 

Im zweiten Artikel zu dem Thema wollen wir dir das Gewinner Dreieck vorstellen. Dieses Konzept kann dir helfen, die einzelnen Positionen umzudeuten und andere Fokuspunkte zu setzen.

 

Geschrieben von Maximilian Bergauer & Petra Nöding

Blog #4 – Drama im Büro erkennen, verstehen und lösen mit dem Drama-Dreieck