Was gab es zuerst, die Henne oder das Ei? Diese Redensart bezeichnet eine nicht zu beantwortende Frage nach dem ursprünglichen Auslöser einer Kausalkette, deren Ereignisse wechselseitig Ursache und Wirkung darstellen (Wikipedia).
Obwohl das Henne-Ei-Problem ziemlich abstrakt wirken kann, können wir in unserem Berufsalltag viel davon lernen.
Was war zuerst, der kritische Chef oder der eingeschüchterte Mitarbeiter?
Beide Seiten könnten argumentieren, dass das Verhalten des Anderen das eigene Verhalten auslöse. Der Chef kann behaupten, dass die Unsicherheiten und Fehler seines Angestellten ihn wütend machen und er ihn deshalb stark kritisiert. Der Mitarbeiter könnte argumentieren, dass die Angst vor der Reaktion seines Chefs auf Fehler ihn unsicher macht und dadurch noch mehr Fehler passieren.
Zirkularität
In unserer systemischen Arbeitsweise denken wir zirkulär-kausal oder anders ausgedrückt „im Kreis“. Alles ist mit Allem vernetzt, alles hat auf Alles einen Einfluss. Wirklichkeit wird nicht von nur einer Person, sondern von allen beteiligten konstruiert. Wir stehen in einer Wechselbeziehung mit unseren Mitmenschen.
Unser Verhalten beeinflusst immer das Verhalten der Anderen und umgekehrt. Gehe ich respektvoll und aufmerksam mit meinen KollegInnen um, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit ein ähnliches Verhalten von Ihnen zu erleben. Suche ich immer die Fehler der Anderen, kann ich schnell selbst ins Fadenkreuz gelangen.
Von der Negativ-Spirale zu einem konstruktiven Miteinander
Zurück zu dem Beispiel der Wechselwirkung des kritischen Chefs und des eingeschüchterten Mitarbeiters. Was können beide aktiv dagegen tun?
Der Chef könnte mehr den Fokus auf die Dinge legen, die sein Mitarbeiter gut macht. Zusätzlich könnte er die Verbesserungswünsche anders formulieren. Anstatt zu sagen „Das Format der Excel Tabelle ist miserabel, machen Sie das nochmal“ könnte er sagen, „Der Inhalt der Tabellen ist in Ordnung, Ich hätte noch 2 Tipps/ Anregungen um die Visualisierung übersichtlicher zu machen…“
Der Mitarbeiter könnte seine Haltung ändern, anstatt zu denken, dass sein Chef ihm nur „eine reinwürgen will“ könnte er annehmen, dass sein Chef auf Qualität bedacht ist und es für die eigene Entwicklung gut ist, sich an ihm zu orientieren.
Es könnte aber natürlich auch ganz anders sein, jeder Mensch hat seine eigenen Lösungsansätze für ähnliche Wechselwirkungen. Diese Lösungsansätze zu erkennen und zu entwickeln, vermitteln wir in unseren Systemischen Weiterbildungen. Das Herzstück der systemischen Fragen bilden zirkuläre Fragen.
Zirkuläre Fragen
Zirkuläre Fragen unterstützen dabei neue Informationen im System entstehen zu lassen und machen unterschiedliche Wirklichkeitsdefinitionen deutlich. Sie ermöglichen das Einnehmen unterschiedlicher Perspektiven. Beispiele wären Fragen wie:
- „Was glauben Sie, ist Ihrem Chef wichtig in Bezug auf ihre täglichen Arbeiten?“
- „Was könnte Herr Müller mehr Selbstsicherheit im Arbeitsalltag geben?“
Im 2. Modul unserer Weiterbildung „Systemische Beratung und Organisationsentwicklung“ vermitteln wir Tools und die entsprechende Haltung, um solche Wechselwirkungen zu erkennen und konstruktiv mit ihnen umzugehen.
Geschrieben von Maximilian Bergauer & Petra Nöding